Leise und möglichst emissionsfrei soll der Luftverkehr der Zukunft sein. Die Digitalisierung von Entwicklungsprozessen in der Luftfahrt ist ein wichtiges Instrument, um diese Ziele zeitnah zu erreichen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat ein neues Projekt namens ADAPT (Assessment and digitalization of forthcoming propulsion technologies) gestartet, das die Zusammenarbeit verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen bei der Entwicklung und Erforschung neuer Technologien vereinfachen und beschleunigen wird. Dabei stehen zwei Themen besonders im Vordergrund: Virtualisierung der Flugzeugtriebwerke und der Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff.

Die Entwicklung von Flugzeugen und deren Antrieben ist ein komplexer Prozess, an dem viele verschiedene ingenieurswissenschaftliche Disziplinen zusammenwirken. Die Pläne der unterschiedlichen Bereiche beeinflussen einander. Wenn Ingenieur A beispielsweise ein leistungsstärkeres Triebwerk plant, sollte der Konstrukteur B, der die Tragflächentanks entwirft, diese Details kennen, da seine Planung entsprechend angepasst werden muss.

Da unterschiedliche Forschungsdisziplinen oder auch die Industrie verschiedene Programme für ihre Arbeiten nutzen, sind die Daten bislang oftmals nicht kompatibel. Modulare Softwarelösungen sollen hier zukünftig Abhilfe schaffen. Des Weiteren können die komplexen, kollaborativen Prozesse von innovativen Softwaremethoden profitieren.

Virtuelles Produkt
Die Digitalisierung ermöglicht die Erstellung eines sogenannten virtuellen Produkts. Das virtuelle, beziehungsweise digitale Triebwerk bildet alle relevanten geometrischen und physikalischen Merkmale eines Triebwerks mit Hilfe computergestützter Entwurfswerkzeuge und numerischer Simulationsmethoden nach. Es unterstützt die gesamte virtuelle Triebwerkskonstruktion von der Vorentwurfsphase bis hin zur Detailkonstruktion. Hierbei werden alle Disziplinen wie zum Beispiel Thermodynamik, Aerodynamik und Strukturmechanik berücksichtigt. Die Auslegung der Triebwerkskomponenten erfolgt mit schrittweise wachsendem Detaillierungsgrad und wird stets im Kontext des Gesamtsystems beurteilt. Das Ziel ist, Triebwerkskonzepte hinsichtlich Emissionen, Wirkungsgraden, Gewicht und Widerstand zu optimieren sowie Aussagen zu Realisierbarkeit und Nutzen verschiedener Schlüsseltechnologien zu treffen.

Darüber hinaus bildet das virtuelle Produkt die Grundlage für die simulationsbasierte Zertifizierung, die eines der langfristigen Ziele der Digitalisierung des Luftfahrtsektors ist. Durch den Wegfall von realen Zertifizierungstests sollen Kosten und Aufwand reduziert werden. Um diesen zeitaufwändigen und stark reglementierten Prozess durch virtuelle Methoden zu unterstützen oder gar zu ersetzen, müssen jedoch die Simulationstechniken weiterentwickelt und Schnittstellen standardisiert werden. Dies ist ein weiteres Ziel des Projekts ADAPT.

Wasserstoffantrieb
Das Hauptaugenmerk bei den im Rahmen des Projekts ADAPT betrachteten Antriebskonzepten liegt auf der Wasserstoffverbrennung. Wasserstoff besitzt eine höhere gewichtsspezifische Energiedichte als Kerosin, verbrennt nahezu ohne Emissionen und kann aus erneuerbaren Energien hergestellt werden. Entgegen all dieser Vorteile stehen hohe technologische Herausforderungen sowohl bei der Flugzeugkonfiguration, als auch beim Antriebssystem.

Das deutlich komplexere Kraftstoffsystem hat enorme Auswirkungen auf das Gewicht. So benötigt Flüssigwasserstoff ein größeres Volumen als Kerosin, um die gleiche Energiemenge zu speichern. Dies hat wiederum Einfluss auf die Größe der Kraftstofftanks. Auch die Herausforderungen hinsichtlich des Antriebssystems sind vielseitig. „Zukünftige Triebwerke werden mehrere neue Komponenten enthalten, oder an bestehenden Komponenten erhebliche Anpassungen aufweisen. Der bei minus 253 Grad Celsius im Tank gelagerte Wasserstoff muss, bevor er in der Brennkammer verbrannt werden kann, aufgeheizt werden. Dabei können je nach Konzept, komplexe Systeme mit Wärmetauscher zum Einsatz kommen und zu neuartigen Antriebskonzepten führen, die mithilfe neuer Softwarelösungen detailliert entwickelt und untersucht werden können.“ sagt Stanislaus Reitenbach, Projektleiter am DLR-Institut für Antriebstechnik.

Quelle: DLR

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