Suche nach langwelligen Gravitationswellensignalen mit dem Fermi-Satelliten der NASA

Miteinander verschmelzende supermassereiche schwarze Lรถcher in den Zentren wechselwirkender Galaxien fรผllen das Universum mit extrem niederfrequenten Gravitationswellen. Astronomen haben bereits mit groรŸen Radioteleskopen nach diesen Wellen gesucht, um die subtilen Auswirkungen dieser Raumzeitwellen auf die von Pulsaren in unserer Galaxie ausgesandten Radiowellen zu beobachten. Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat nun gezeigt, dass auch hochfrequente Gammastrahlung, aufgenommen mit dem Fermi-Teleskop der NASA, fรผr diese Suche genutzt werden kann. Die Verwendung von Gammastrahlen anstelle von Radiowellen ermรถglicht einen klareren Blick auf die Pulsare und bietet eine unabhรคngige und ergรคnzende Mรถglichkeit zum Nachweis von Gravitationswellen.

Die Ergebnisse eines internationalen Wissenschaftlerteams, dem auch Aditya Parthasarathy und Michael Kramer vom Max-Planck-Institut fรผr Radioastronomie in Bonn angehรถren, werden diese Woche in der Fachzeitschrift „Science“ verรถffentlicht.

Ein Meer von Gravitationswellen

Im Herzen der meisten Galaxien โ€“ das sind Ansammlungen von Hunderter Milliarden von Sternen wie unsere eigene MilchstraรŸe – befindet sich ein supermassereiches Schwarzes Loch. Galaxien werden durch ihre heftige Gravitation zueinander hingezogen, und bei ihrer Verschmelzung sinken die zentralen schwarzen Lรถcher in das neue Zentrum. Wenn diese sich nun spiralfรถrmig nach innen bewegen und selbst miteinander verschmelzen, erzeugen sie extrem langwellige Gravitationswellen mit Hunderten von Billionen von Kilometern oder mehreren Lichtjahren Abstand zwischen den Wellenkรคmmen. Das Universum ist voll von solchen verschmelzenden supermassereichen schwarzen Lรถchern, und sie fรผllen es mit einem Meer von niederfrequenten Raumzeitwellen.

Astronomen suchen seit Jahrzehnten nach diesen Wellen, indem sie die Pulse von Pulsaren, den dichten รœberresten massereicher Sterne, systematisch beobachten. Pulsare rotieren mit extremer RegelmรครŸigkeit, und die Astronomen wissen genau, wann jeder Puls zu erwarten ist. Das Meer der Gravitationswellen verรคndert jedoch auf subtile Weise den Zeitpunkt, an dem die Impulse die Erde erreichen, und die genaue Beobachtung vieler Pulsare am Himmel kann ihre Anwesenheit aufdecken.

Bei der bisherigen Suche nach diesen Wellen wurden ausschlieรŸlich groรŸe Radioteleskope eingesetzt, die Radiowellen sammeln und analysieren. Nun hat ein internationales Team von Wissenschaftlern diese winzigen Schwankungen der Raumzeit in Daten der Gammastrahlung gesucht, die รผber mehr als zehn Jahre mit dem Fermi-Satelliten der NASA aufgenommen wurden. Ihre Analyse zeigt, dass der Nachweis dieser Wellen mit nur wenigen Jahren zusรคtzlicher Beobachtungen bereits mรถglich sein kรถnnte.

„Fermi untersucht das Universum mit Gammastrahlen, der energiereichsten Form des Lichts. Wir waren รผberrascht, wie gut es die Art von Pulsaren aufspรผrt, die wir fรผr die Suche nach diesen Gravitationswellen benรถtigen – bisher haben wir mehr als 100 gefunden“, so Matthew Kerr, ein Wissenschaftler am U.S. Naval Research Laboratory in Washington. „Das Fermi-Teleskop und die Gammastrahlen haben einige besondere Eigenschaften, die sie zusammen zu einem sehr mรคchtigen Werkzeug bei dieser Untersuchung machen.โ€œ

Die Ergebnisse der Studie, die von Kerr und Aditya Parthasarathy, einem Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts fรผr Radioastronomie (MPIfR) in Bonn, geleitet wurde, werden in der Fachzeitschrift โ€žScienceโ€œ (Ausgabe vom 7. April) verรถffentlicht.

Kosmische Uhren

Licht nimmt viele Formen an. Niederfrequente Radiowellen kรถnnen einige Objekte durchdringen, wรคhrend hochfrequente Gammastrahlen in energetische Teilchenschauer explodieren, wenn sie auf Materie treffen. Gravitationswellen decken ebenfalls ein breites Spektrum ab, wobei massereichere Objekte tendenziell lรคngere Wellen erzeugen.

Da es unmรถglich ist, einen Detektor zu bauen, der groรŸ genug ist, um wellen mit Billionen von Kilometern Wellenlรคnge aufzuspรผren, die von miteinander verschmelzenden supermassereichen schwarzen Lรถchern erzeugt werden, verwenden die Astronomen in dder Natur bereits vorhandene Detektoren in Form sogenannter Pulsar-Timing-Arrays. Dabei handelt es sich um Ansammlungen von Millisekunden-Pulsaren, die sowohl in Radiowellen als auch in Gammastrahlen leuchten und sich jede Sekunde Hunderte von Malen um ihre Achse drehen. Wie Leuchttรผrme scheinen diese Strahlen regelmรครŸig zu pulsieren, wenn sie รผber die Erde hinwegziehen, und wenn sie durch das Meer der Gravitationswellen hindurchgehen, wird ihnen das schwache Grollen entfernter, massereicher schwarzer Lรถcher aufgeprรคgt

Einzigartige Messtechnik

Ursprรผnglich wurden Pulsare mit Hilfe von Radioteleskopen entdeckt, und Pulsar-Timing-Array-Experimente mit Radioteleskopen sind seit fast zwei Jahrzehnten in Betrieb. Die groรŸen Parabolspiegel sind am empfindlichsten fรผr die Auswirkungen von Gravitationswellen, aber interstellare Effekte erschweren die Analyse der Radiodaten. Das Weltall ist grรถรŸtenteils leer, aber beim Durchqueren der riesigen Entfernung zwischen einem Pulsar und der Erde treffen die Radiowellen immer noch auf viele Elektronen. ร„hnlich wie ein Prisma das sichtbare Licht beugt, verbiegen die interstellaren Elektronen die Radiowellen und verรคndern so ihre Ankunftszeit. Die energiereichen Gammastrahlen werden auf diese Weise nicht beeinflusst, so dass sie eine ergรคnzende und unabhรคngige Methode des โ€žPulsar Timingsโ€œ darstellen.

„Die Fermi-Ergebnisse sind bereits 30 % so gut wie die Pulsar-Timing-Arrays im Radiobereich, wenn es darum geht, den Gravitationswellenhintergrund nachzuweisen“, sagt Aditya Parthasarathy. „Wenn wir weitere fรผnf Jahre lang Pulsardaten sammeln und analysieren, wird das System genauso gut sein, mit dem zusรคtzlichen Vorteil, dass wir uns keine Sorgen um all die verirrten Elektronen machen mรผssen.“

Ein Pulsar-Timing-Array in Gammawellenlรคngen, das vor dem Start von Fermi nicht vorgesehen war, stellt eine leistungsstarke neue Ergรคnzung in der Gravitationswellen-Astrophysik dar.

„Der Nachweis des Gravitationswellenhintergrunds mit Pulsaren ist in Reichweite, bleibt aber schwierig. Eine unabhรคngige Methode, wie sie hier unerwartet durch Fermi gezeigt wurde, ist eine groรŸartige Neuigkeit, sowohl fรผr die Bestรคtigung zukรผnftiger Ergebnisse als auch fรผr die Demonstration von Synergien mit Radioexperimenten“, schlieรŸt Michael Kramer, Direktor am MPIfR und Leiter der Forschungsabteilung โ€žRadioastronomische Fundamentalphysikโ€œ.


Zusรคtzliche Informationen

Das Fermi Gammastrahlen-Weltraumteleskop ist eine Kooperation im Bereich der Astrophysik und Teilchenphysik, die vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt, Maryland, geleitet wird. Fermi wurde in Zusammenarbeit mit dem US-Energieministerium entwickelt, mit wichtigen Beitrรคgen von akademischen Einrichtungen und Partnern in Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Schweden und den Vereinigten Staaten.

Die FERMI-LAT-Kollaboration umfasst ein internationales Team von Wissenschaftlern, darunter Aditya Parthasarathy und Michael Kramer, beide vom Max-Planck-Institut fรผr Radioastronomie.

Quelle: Max-Planck-Institut fรผr Radioastronomie

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