DLR setzt 2023 Forschungsimpulse für die nachhaltige Gesellschaft der Zukunft

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) setzt 2023 deutliche Forschungsimpulse für die Entwicklung nachhaltiger Technologien und deren schnellem Transfer in die Anwendung. Ziel ist es, Innovationen in Luftfahrt, Raumfahrt, Energie, Verkehr und Sicherheit bestmöglich für die Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft zu nutzen. Damit soll der Wirtschaftsstandort Deutschland als Vorreiter für grüne Technologien gestärkt werden. Die Spitzenforschung des DLR erweitert die Grenzen des Möglichen: Für nachhaltige Mobilität und Energiegewinnung von morgen bis hin zu neuen Erkenntnissen bei Raumfahrtmissionen zu Mond, Mars und Jupiter. 2023 wird das DLR verstärkt die Erprobung neuer Technologien zum klimaverträglichen Fliegen in den Blick nehmen, einen Forschungspark für neue Windenergie-Technologien eröffnen sowie mit umfänglichen Beteiligungen an internationalen Raumfahrtmissionen die Exploration des Sonnensystems vorantreiben. Zudem engagiert sich das DLR verstärkt in der Sicherheitsforschung und intensiviert mit der geplanten Startup-Factory Ausgründungen aus dem DLR.

„Als nationale Forschungseinrichtung für Luft- und Raumfahrt, Energie, Verkehr und Sicherheit forscht das DLR im Auftrag der Gesellschaft. In internationaler Zusammenarbeit mit unseren Partnern in Politik und Behörden sowie Wirtschaft und Wissenschaft arbeiten wir an Lösungen für globale Herausforderungen“, betont Prof. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR. „Im vergangenen Jahr erzielten die Mitarbeitenden des DLR herausragende Ergebnisse unter anderem im Rahmen erfolgreicher Projekte wie MARE auf Artemis I. Die Luftfahrtstrategie des DLR wurde konsequent umgesetzt, insbesondere durch die Kooperation mit der Luftfahrtindustrie. Neue Fahrzeugkonzepte und der Aufbau unseres Forschungsparks Windenergie sind weitere Beispiele für die anwendungs- und transferorientierte Forschung des DLR. Die Raumfahrtagentur im DLR hat mit ihrer Kompetenz und ihrem Engagement die ESA-Ministerratskonferenz zu einem besonderen Erfolg für Deutschland gemacht. Der Einsatz in der Katastrophenhilfe durch das Bereitstellen von Satellitendaten und deren Interpretation sowie mittels des luftgestützten Kamerasystems MACS ist Bestandteil der Sicherheitsforschung des DLR.“ Auf der Jahrespressekonferenz am 1. März 2023 präsentiert das DLR die Breite seiner Forschungsarbeiten und Aktivitäten mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit. Nachfolgend finden Sie für 2023 die Akzente und Impulse in Luftfahrtforschung, Raumfahrtforschung, Deutscher Raumfahrtagentur, Energieforschung, Verkehrsforschung, Sicherheitsforschung sowie für Innovation und Transfer:

Schwerpunkt Luftfahrt

Nachhaltige Kraftstoffe (SAF, Sustainable Aviation Fuel) senken die Klimawirkung des Luftverkehrs deutlich beim CO2-Fußabdruck und den Nicht-CO2-Effekten. In diesem Jahr unternimmt das DLR wiederholt Flugversuche gemeinsam mit Airbus und weiteren Industriepartnern, bei denen der Einsatz von biobasierten SAF erprobt und die Emissionen analysiert werden. Hocheffiziente Turbofan-Triebwerke und synthetisch hergestelltes SAF (PTL, Power-to-Liquid) bieten entsprechend der DLR-Luftfahrtstrategie insbesondere für die Mittel- bis Langstrecke eine Perspektive für einen klimaverträglichen Betrieb. Entscheidend wird hierfür in den nächsten Jahren sein, Produktionsanlagen für nachhaltiges Kerosin bis hin zum industriellen Maßstab aufzubauen, zu testen und in den Regelbetrieb zu überführen. Das DLR agiert dabei als zentraler Forschungspartner. Für Regional- und Kurzstreckenflugzeuge gibt es vielfältige technologische Möglichkeiten, diese zukünftig klimaverträglich zu gestalten. Insbesondere Wasserstoff spielt hier eine Rolle – entweder als nachhaltiger Kraftstoff zur Direktverbrennung oder für hybridelektrische Antriebe unter Verwendung von Brennstoffzellen. Außerdem sind Technologien zur aerodynamischen Effizienzsteigerung und Gewichtsreduktion durch neue Ansätze im Systemleichtbau wichtig. Die Breite dieser vielfältigen Forschungsfragen für das klimaverträgliche Fliegen wird das DLR 2023 verstärkt in Kooperation mit der Luftfahrtindustrie untersuchen. Ziel ist es die Entwicklung nachhaltiger Luftfahrttechnologien zu beschleunigen.

Schwerpunkt Raumfahrt

Nach ihrer Reise um den Mond mit der NASA-Mission Artemis I sind die Strahlungsmesspuppen Helga und Zohar zurück in Deutschland. Die Daten des vom DLR geleiteten Projekts MARE (MATROSHKA AstroRad Radiation Experiment) werden nach ihrer Auswertung ein dreidimensionales Abbild der Strahlenbelastung des weiblichen Körpers während eines Mondfluges liefern. Am 9. März ist geplant, die beiden Astronautinnen-Phantome erstmals nach ihrem Flug am DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln den Medien zu präsentieren. Bei der heutigen Jahrespressekonferenz in Berlin konnten bereits vorab Zohars Strahlenschutzweste sowie Helgas Original-Kleidung gezeigt werden. Für seine Reise zum Marsmond Phobos wird derzeit der deutsch-französische MMX-Rover in Toulouse bei der französischen Raumfahrtagentur CNES vorbereitet, nachdem das DLR bereits umfängliche Beiträge lieferte. Im September 2024 ist der Start Richtung Mars und seiner Monde im Rahmen der japanischen Mission MMX (Martian Moons eXploration) geplant. Im Sommer diesen Jahres wird der Rover an die japanische Raumfahrtagentur JAXA zur Integration in das MMX-Mutterschiff ausgeliefert. Der Start zum Jupiter ist für die bisher größte ESA-Raumsonde JUICE (JUpiter ICy Moons Explorer) für den 13. April 2023 geplant. Ziel ist der größte Planet des Sonnensystems mit seinen großen Eismonden Ganymed, Callisto und Europa, unter deren gefrorener Oberfläche Ozeane aus flüssigem Wasser vermutet werden. Am Bau von zwei der zehn wissenschaftlichen Instrumente war das DLR-Institut für Planetenforschung maßgeblich beteiligt. Im Bereich der Satellitennavigation bekräftigt die DLR Gesellschaft für Raumfahrtanwendungen (DLR-GfR) zusammen mit dem Partner Telespazio das gemeinsame Engagement im europäischen GALILEO-Programm. Unter dem Dach des deutsch-italienischen Gemeinschaftsunternehmens spaceopal GmbH betreiben die Partner seit dem Jahr 2016 gemeinsam erfolgreich und zuverlässig das GALILEO-System, darunter die Galileo-Kontrollzentren in Oberpfaffenhofen und Fucino. Diese Zusammenarbeit soll auch für die kommenden Generationen der GALILEO-Satelliten fortgeführt werden, mit dem Ziel GALILEO noch genauer, verlässlicher und sicherer zu machen.

Deutsche Raumfahrtagentur im DLR

Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR steuert bei der europäischen Jupitermission JUICE den deutschen Beitrag für die ESA-Wissenschaftsmission (20 Prozent) und fördert darüber hinaus sieben von zehn wissenschaftlichen Instrumenten aus dem Nationalen Raumfahrtprogramm bis zum Ende der Mission mit etwa 100 Millionen Euro. Juice wird mit der vorletzten Ariane 5-Trägerrakete von Kourou aus starten. An Bord der letzten europäischen Ariane 5 soll im Sommer dann die Kommunikationssatelliten-Mission „Heinrich Hertz“ ins All aufbrechen. Der erste eigene deutsche Kommunikationssatellit seit mehr als 20 Jahren ist eine Testplattform für Technologien der Satellitenkommunikation. Er hat mehr als 20 Experimente aus Wissenschaft und Industrie an Bord mit den Schwerpunkten Kommunikations-, Antennen- und Satellitentechnik. Gefördert wird Heinrich Hertz durch die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und unter Beteiligung des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg). Beim Mikrolauncher- und Nutzlastwettbewerb der Deutschen Raumfahrtagentur stehen die nächsten Schritte an: Im Frühjahr sollen die Experimente für den letzten, den vierten Flug, ausgewählt und bekannt gegeben werden. An den Startplätzen in Andoya (Norwegen) und auf den Shetland-Inseln (Großbritannien) entsteht mittlerweile die Infrastruktur für die Kleinträger-Starts der bereits prämierten Start-ups Isar Aerospace aus München und Rocket Factory Augsburg.
Deutschland hat seit der ESA-Ministerratskonferenz 2022 für drei Jahre – bis Ende 2025 – den ESA-Vorsitz auf Ministerebene inne. Die Rolle ist politisch ausgerichtet und ermöglicht Einflussnahme auf die Agenda der europäischen Raumfahrtpolitik. Raumfahrt ist heute essenziell für die Umsetzung verschiedener Politikbereiche, zugleich ist die Raumfahrt einem Wandel unterworfen. Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR in Bonn unterstützt die Bundesregierung bei der Umsetzung dieser Aufgabe. Schwerpunktthemen aus deutscher Sicht sind: Grüne und nachhaltige Raumfahrt, Stärkung der privatwirtschaftlichen Ansätze in der ESA und Europa, die Neuordnung des künftigen Launcher-Sektors, die Zusammenarbeit zwischen ESA und EU in der Raumfahrt und die Zukunft von Europa in der internationalen Exploration. Im Herbst 2023 soll ein hochrangiger ESA-EU-Weltraumrat (Space Summit) in Sevilla stattfinden.

Schwerpunkt Energie

Im Energiebereich nehmen die DLR-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Entwicklung und Erprobung neuer Rotorblätter und Technologien für die Windenergie in den Fokus. Dazu dient auch der Forschungspark Windenergie, den das DLR gemeinsam mit dem Forschungsverbund Windenergie aufbaut und im Sommer eröffnet. Ebenso steht die Gewinnung klimaverträglicher Kraftstoffe (SAF) mittels erneuerbarer Energien im Mittelpunkt der Forschungsanstrengungen. Dazu forscht das DLR an Produktionstechnologien, um die Lücke zwischen Entwicklung und industriellem Markthochlauf dieser Kraftstoffe zu schließen und so deren Markteinführung zu unterstützen. Der Fokus liegt dabei auf dem Luft- und Schiffsverkehr.

Schwerpunkt Verkehr

Die Arbeiten der Verkehrsforschung konzentrieren sich aktuell besonders auf den Bereich nachhaltige Fahrzeug- und Mobilitätskonzepte sowie das automatisierte und vernetzte Fahren. Dazu wird das DLR unter anderem mit dem einmaligen Fahrzeugprototyp U-Shift auf der Bundesgartenschau 2023 in Mannheim vertreten sein. Über ein halbes Jahr lang wird dieses futuristische Fahrzeugkonzept – das die Welt des urbanen Personen- und Gütertransports völlig neugestaltet – im Forschungsbetrieb erlebbar sein. Neue Technologien für den Zug der Zukunft sind ein weiterer Fokus. Hier laufen unter anderem die Arbeiten für weitere Untersuchungen zur Klimatisierung von Schienenfahrzeugen.

Schwerpunkt Sicherheit

Nach dem schweren Erdbeben in der Türkei und Syrien unterstützte das DLR die Rettungskräfte vor Ort mit Lageinformationen aus Satellitendaten und Luftaufnahmen. Ein Team des Zentrums für Satellitengestützte Kriseninformation (ZKI) des DLR in Oberpfaffenhofen wertete rund um die Uhr Satellitenaufnahmen aus, um den Rettungskräften beispielsweise digitale Karten zur aktuellen Lage vor Ort bereitzustellen. Dazu stellte das DLR eine neuartige Kamera (Modular Aerial Camera System, MACS) für die Lageaufklärung vor Ort bereit. DLR-Mitarbeiter steuerten im Einsatz eine Drohne, um erstmals Luftbilder des eingebauten Kamerasystem MACS-nano direkt als Karte in das Einsatzführungssystem (ICMS) der Vereinten Nationen (UN) zu senden. Neben der Katastrophenhilfe gewinnen in der Sicherheitsforschung der Schutz maritimer und terrestrischer Infrastrukturen zunehmend an Bedeutung. Hier verstärkt das DLR seine Aktivitäten mit dem weiteren Ausbau des DLR-Instituts für den Schutz terrestrischer Infrastrukturen in Sankt Augustin sowie des DLR-Instituts für den Schutz maritimer Infrastrukturen in Bremerhaven. Im Bereich wehrtechnische Forschung gewinnt der Weltraum als Operationsraum zunehmend an Bedeutung. Die Sicherheit und Funktionsfähigkeit einer modernen Informationsgesellschaft und ihrer Verteidigung hängen vom ungehinderten Zugang zu weltraumgestützten Informations- und Kommunikationswegen ab. In diesem Kontext baut das DLR unter der Förderung durch das Verteidigungsministerium mit dem Kompetenzzentrum für Reaktionsschnelle Satellitenverbringung in Trauen seine diesbezüglichen Forschungsaktivitäten weiter aus. Der reaktionsschnelle Ersatz und Einsatz von Satelliten sowie die Stärkung der Resilienz weltraumgestützter Systeme und Dienstleistungen (Responsive Space) gewinnt zunehmend an Bedeutung – sowohl national als auch europäisch und besonders in den USA. Der DLR-Standort Trauen, gefördert vom Land Niedersachsen, setzt dabei in Vernetzung mit Industrie und nationalen sowie internationalen Partnern wichtige Impulse für den Aufbau einer nationalen Fähigkeit Responsive Space (eingebettet in EU und NATO).

Innovation und Transfer: Impulse für die Gesellschaft von morgen

Als öffentlich geförderte Einrichtung bekommt das DLR viel von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und möchte noch mehr zurückgeben. Der Weg: Transfer von Know-how und Technologien aus der Forschung in die Wirtschaft. Dafür denken beim DLR 10.000 Mitarbeitende die möglichen späteren Anwendungen beispielsweise in innovativen Produkten von Beginn an mit. Hier verstärkt das DLR seine Anstrengungen kontinuierlich weiter. So sind Ausgründungen aus dem DLR ein wichtiger Faktor für Transfer aus dem DLR. Diese werden aktiv gefördert und unterstützt. Die langjährigen Erfahrungen zeigen, dass 90 Prozent der DLR-Ausgründungen langfristig am Markt bestehen. Um hier noch erfolgreicher zu werden, gründet das DLR die Startup-Factory. Ein systematisches Programm zur Förderung und zum Aufbau von Ausgründungen aus dem DLR.

Quelle: https://www.dlr.de/content/de/bilder/2023/01/jahrespressekonferenz-dlr-2023.jpg?__blob=normal&v=7__ifc1920w