Satellitengestützte Systeme zur Erdbeobachtung, Navigation und Kommunikation sind heutzutage fest im Mobilitätssektor integriert und ein wichtiger Bestandteil für den sicheren Betrieb aller Verkehrsträger: ob in der Verkehrsüberwachung, -steuerung und -sicherheit im Straßen- und Schienenverkehr, in der Seeschifffahrt oder in der Luftfahrt.

Die satellitengestützten Mehrwertdienste unterstützen einen effizienten und nachhaltigen Betrieb von Verkehrsträgern und -systemen sowie von Transport- und Logistikprozessen. Insbesondere das europäische Satellitennavigationssystem Galileo und das Erdbeobachtungsprogramm Copernicus sind mit ihrer erhöhten Zuverlässigkeit und Genauigkeit ein Antreiber für die weitere Integration satellitengestützter Dienstleistungen in den Verkehrssektor. Darüber hinaus werden zukünftige Satellitenkonstellationen auf erdnahen Umlaufbahnen die globale Verfügbarkeit von Kommunikationsdienstleistungen für alle Verkehrsbereiche steigern und damit einen wichtigen Beitrag für die Vernetzung und Sicherheit im Transportsektor leisten.

Satellitengestützte Mehrwertdienste auf dem Vormarsch für die weltweite Verkehrssteuerung

Die satellitengestützten Mehrwertdienste sind ein Wachstumsmarkt, der bis 2026 auf ein Marktvolumen von 144,5 Milliarden US-Dollar anwachsen soll[1]. Antreiber auf der Nachfrageseite ist die zunehmende Digitalisierung von Industrie und Gesellschaft und die damit verbundene, leichtere Integration dieser Mehrwertdienste in die industriellen Wertschöpfungsketten. Außerdem wird das Angebot durch die weitere Kommerzialisierung des Satellitenmarktes vorangetrieben, bei der zunehmend privates Risikokapital für den Auf- und Ausbau von Satellitenkonstellationen bereitgestellt wird. In diesem Zusammenhang sind in den letzten Jahren neben den etablierten Satellitenbetreibern eine ganze Reihe von neuen Unternehmen im Bereich „New Space Economy“ gegründet worden, die den Erdbeobachtungs- und Satellitenkommunikationsmarkt in den nächsten Jahren revolutionieren wollen. Darüber hinaus drängen innovative Unternehmen aus anderen Industriebranchen in den Markt der Raumfahrtdaten, um diese Informationen zu veredeln und als Mehrwertdienstleistungen ihren Kunden bereitzustellen. Davon werden auch im starken Maße die verschiedenen Verkehrssektoren profitieren – nicht zuletzt auch die Transport- und Logistikbranche weltweit.

Hochgeschwindigkeits-Internet für die globale Automobil-, Transport- und Logistikbranche

Das prominenteste Beispiel dieses neuen Marktes ist die US-amerikanische Firma SpaceX. Das Unternehmen baut derzeit ihre Satellitenkonstellation Starlink auf, die mit hochmodernen Satelliten ein weltweites Hochgeschwindigkeits-Internet in einer erdnahen Umlaufbahn ermöglichen wird. Ziel ist es, kommerziellen und privaten Nutzern eine hochwertige, schnelle und nahtlose Internet-verbindung mit Datenübertragungsraten zwischen 100 bis 200 Mbit/s und Latenzzeiten von 20 ms bereitzustellen. Satellitenkonstellationen wie Starlink ermöglichen Nutzern erstmalig auch an den entlegensten Orten den Zugang zu Hochgeschwindigkeitsinternet und treiben damit einen globalen Standard für Konnektivität voran. Eine weltweit verfügbare Konnektivität ist insbesondere für die Transport- und Logistikbranche von hoher Bedeutung. Davon sollen u. a. Langstreckenflüge, Ferntransporte und internationale Kreuzfahrt- und Frachtschiffe profitieren: so können Betreiber einen nahtlosen Internetzugang zu ihren Logistikflotten ermöglichen – selbst in Gebieten wo bisher keine Netzabdeckung möglich war.

Zudem wollen Satellitenkonstellationen wie Starlink auch eine Schlüsselrolle in der Automobilindustrie einnehmen. Insbesondere bei der Einführung autonomer Fahrzeuge und in der Transport- und Logistikbranche, bei GNSS-Fahrzeugortung und dem Flottenmanagement wollen sie als Innovationstreiber agieren. In Europa haben sich dabei als Antwort auf Starlink zwei Konsortien unter Beteiligung von etablierten Raumfahrtunternehmen und der „New Space Economy“ gebildet, die eine eigene souveräne europäische Satellitenkommunikationsinfrastruktur aufbauen wollen. Ein rein deutsches Konsortium bestehend aus den bayerischen Firmen Mynaric, Isar Aerospace und Reflex Aerospace will bereits 2023 den ersten Demonstrationssatelliten für ein zukünftig 400 Satelliten umfassendes Netzwerk starten.

Sicherheitskritische Anwendungen im Verkehrsbereich profitieren von neuen Galileo-Diensten

Die Satellitennavigation hat in den letzten 20 Jahren nahezu in alle Industriebereiche Einzug gehalten und spielt eine tragende Rolle für den gesamten Mobilitätssektor. Der Weltmarkt für GNSS-Chipsätze und -Geräte für die Ortung, Navigation und Zeitmessung hatte bereits im Jahr 2018 ein Volumen von 93,3 Milliarden US-Dollar und soll in den nächsten Jahren kräftig anwachsen[2]. Laut der Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm (EUSPA) unterstützt die Satellitennavigation jedes Jahr über 50.000 Arbeitsplätze in Europa[3]. Die digitale Routenführung von boden-, wasser- und luftgestützten Verkehrsträgern mithilfe der Satellitennavigation hat in erheblichem Umfang zur Effizienzsteigerung und zur Sicherheit im Verkehrsbereich beigetragen. Darüber hinaus sind hochgenaue GNSS-Zeitsignale nicht nur essenziell für eine präzise Positionsbestimmung von Fahrzeugen, sondern auch für die Steuerung und Vernetzung von Verkehrssystemen. Die heutigen GNSS-Signale werden von einer Reihe von globalen Satellitennavigationssystemen (Galileo, GPS, GLONASS, BeiDou), regionalen Systemen (z. B. QZSS und IRNSS) sowie satellitenbasierten Erweiterungssystemen (SBAS), wie z. B. EGNOS oder WAAS, bereitgestellt. Die Services des europäischen Galileo-Systems versprechen durch ihre hohe Integrität, Verfügbarkeit und Genauigkeit neue Wachstumspotenziale für die Verkehrsbranchen in Europa. Dies gilt insbesondere für sicherheitskritische Anwendungen, wie z. B. in der Steuerung des Bahnverkehrs, dem autonomen Fahren oder von automatisierten Schiffsmanövern im Hafenbereich.

Von neuen satellitengestützten Services profitieren zudem innovative Serviceanbieter im Mobilitätsbereich. Beispielsweise entwickelt der Teleoperation Anbieter Fernride aus München neuartige Dienstleistungen. Das Unternehmen bietet eine Cloud-basierte Plattform für die zuverlässige Fernsteuerung von Fahrzeugen in der Logistikbranche an. Kunden profitieren von einer automatisierten, 24/7 Fahrzeugsteuerung und damit einhergehenden Effizienzvorteilen bei gleichzeitiger Reduzierung des betrieblichen Aufwands.

Erdbeobachtungsservices für sichere und effizientere Verkehrssteuerung weltweit

Die zunehmende Anzahl von Erdbeobachtungssatelliten hat in den letzten 10 Jahren im erheblichen Maße die Verfügbarkeit von präzisen und hochaktuellen Informationen über unseren Heimatplaneten gesteigert. Aus diesen enormen Datenmengen sind eine Vielzahl von Mehrwertdiensten entstanden, welche die Sicherheit im weltweiten Luft-, Seeschifffahrts- und Bodenverkehr signifikant gesteigert haben. Satellitengestützte Wettervorhersagen liefern dafür wichtige Daten, wie beispielsweise Informationen über die Zugbahnen von Hurrikans, Sturm- und Gewitterzellen, Wellenhöhen und Eisvorhersagen auf den Weltmeeren oder Hagel, Schnee- und Starkregenfälle. Davon profitieren insbesondere das weltweite Luftverkehrs- und Flughafenmanagement, die Verkehrsüberwachung und -steuerung im Straßenverkehr oder die sichere Routenführung in der Seeschifffahrt. Dazu sind in den letzten Jahren in Europa eine Vielzahl von kleineren Serviceprovidern gegründet worden. Als Geschäftsmodell wurden spezielle Dienstleistungen entwickelt, die auf Basis von Erdbeobachtungsdaten zugeschnittene Informationen für bestimmte Marktsegmente und Kundengruppen anbieten. Das ESA BIC Alumni Drift+Noise aus Bremen beispielsweise bietet eine 10-tägige Eisdriftvorhersage der Polarregion für Reedereien auf Basis des Copernicus Marine Service an. So wird eine zeit- und ressourcensparende Routenführung sowie eine erhöhte Sicherheit in der polaren Seeschifffahrt ermöglicht. Ein weiteres von zahlreichen Beispielen ist das bayerische Unternehmen Wxfusion, dass Echtzeitvorhersagen über Zugbahnen von Gewitterzellen an Flughafenbetreiber, Airlines und Piloten weltweit liefert. Daraus ergeben sich eine Reihe von Kundenvorteilen, die insbesondere den sicheren und effizienteren Betrieb von Luftfahrzeugen ermöglichen. Erdbeobachtungsdaten in Kombination mit bodengestützten Informationsquellen, aber auch Echtzeit-Informationen, die durch die verschiedenen Verkehrsträger im laufenden Betrieb bereitgestellt werden, bieten zukünftig das Potenzial für zahlreiche weitere Mehrwertdienstleistungen.

Die Identifizierung solcher neuen Dienstleistungen, die über innovative Anwendungskonzepten von Raumfahrt Technologien und Erdbeobachtungsdaten für mehr Nachhaltigkeit sorgen, ist eine zentrale Komponente des Innovationswettbewerbs INNOspace Masters. In fünf verschiedenen Challenges sucht der internationale Wettbewerb in unterschiedlichen Themenschwerpunkten nach transferbasierten Innovationen. Dies können neben Spin-Off Transfers auch Spin-In Transfers sein, bei denen Technologien und Expertise aus anderen Branchen in die Raumfahrt eingebracht werden. In diesem Jahr sucht zum Beispiel die Mercedes-Benz car2space Challenge unter anderem nach weltraumbasierten Dienstleistungen für die Automotive Branche. Ausgezeichnet werden jeweils die besten drei Ideen in jeder der fünf Partner Challenges. Neben Fördergeldern bis zu 400.000 EUR erhalten die Gewinner dabei auch fachliche Unterstützung für die Umsetzung ihrer Visionen. Alle Informationen zu den Challenges finden Sie hier.

Quelle: INNOspace Masters