Forscher der Chalmers University of Technology, Schweden, haben die weltweit erste Ökobilanz für ein bestehendes zweisitziges, vollelektrisches Flugzeug erstellt und direkt mit einem entsprechenden, mit fossilen Brennstoffen betriebenen Flugzeug verglichen. Der Studie zufolge ist die Klimabelastung bereits nach einem Viertel der erwarteten Lebensdauer des Elektroflugzeugs geringer als die des mit fossilen Brennstoffen betriebenen Flugzeugs, vorausgesetzt, es wird Ökostrom verwendet. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch die zunehmende Verknappung der Bodenschätze.

Der Luftverkehr hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen und ist jährlich für etwa 2 Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen und etwa 4 Prozent aller Auswirkungen des Klimawandels verantwortlich. Der Luftverkehr trägt zwar erheblich zum Klimawandel und anderen Umweltproblemen bei, aber die Elektrifizierung ist eine Möglichkeit, diese Umweltauswirkungen zu verringern. Die ersten Elektroflugzeuge sind bereits heute in Betrieb und werden hauptsächlich als Kleinflugzeuge für die Pilotenausbildung und für kurze Flüge in der unmittelbaren Umgebung eingesetzt. Dies ist der Flugzeugtyp, der in der Ökobilanz untersucht wurde.

“Kurzfristig werden batteriebetriebene Elektroflugzeuge wahrscheinlich vor allem für kürzere Strecken eingesetzt, etwa für das, was man in Norwegen “Fjord-Hopping” nennt, also für kürzere Flüge zwischen tiefen Fjorden. In einer größeren Perspektive zeigt die Studie, dass batteriebetriebene Elektroflugzeuge das Potenzial haben, die Umweltauswirkungen des Luftverkehrs erheblich zu verringern”, sagt Rickard Arvidsson, der Hauptautor der Studie von Chalmers.

Die Studie: dasselbe Flugzeug, aber anders

Für die Ökobilanz untersuchte das Team ein kommerziell erhältliches batterieelektrisches Flugzeug mit zwei Sitzen, das “Pipistrel Alpha Electro”. Das gleiche Flugzeug ist auch als fossil betriebenes Modell erhältlich, so dass die Forscher einen direkten Vergleich anstellen konnten. Das Team untersuchte die gesamten Auswirkungen jedes Flugzeugs von der “Wiege bis zur Bahre” – von der Rohstoffgewinnung bis zum Ende der Lebensdauer – mit einer funktionalen Einheit von einer Stunde Flugzeit. Daten und Aufzeichnungen des Flugzeugherstellers bildeten einen Großteil der Studie.

Es wurde eine breite Palette von Wirkungskategorien berücksichtigt, wobei der Schwerpunkt auf der globalen Erwärmung durch Treibhausgasemissionen (z. B. Kohlendioxid), der Verknappung mineralischer Ressourcen durch die Verwendung seltener Mineralien (z. B. Lithium für die Batterien), der Feinstaubbildung durch Partikelemissionen, der Versauerung durch säurehaltige Emissionen (z. B. Stickoxide) und der Bildung von bodennahem Ozon durch Emissionen von Stickoxiden und Kohlenwasserstoffen lag.

“Die wichtigste Erkenntnis aus dieser Studie ist, dass kleine Elektroflugzeuge deutlich geringere Auswirkungen auf das Klima – bis zu 60 Prozent weniger – und andere Arten von Umweltauswirkungen haben können als entsprechende mit fossilen Brennstoffen betriebene Flugzeuge. Allerdings gibt es einen Kompromiss in Bezug auf die Verknappung von Bodenschätzen, die selbst im günstigsten Szenario um etwa 50 Prozent zunimmt, vor allem wegen der seltenen Metalle in den Batterien der Elektroflugzeuge”, sagt Rickard Arvidsson.

Wie bei Elektroautos ist das Elektroflugzeug aus Klimasicht vergleichsweise schlechter, wenn das Flugzeug brandneu ist, da die Herstellung der Batterie viel Energie und Ressourcen verbraucht. Im Laufe der Zeit nimmt die relative Belastung dann ab, wenn das Elektroflugzeug im Einsatz ist und seine Vorteile – nämlich der emissionsfreie Elektroantrieb – zum Tragen kommen. Je länger das Elektroflugzeug im Einsatz ist, desto besser wird es für die Umwelt, und schließlich wird ein “Break-even”-Punkt erreicht.

Nach etwa 1.000 Flugstunden überholt das Elektroflugzeug das Flugzeug mit fossilem Treibstoff in Bezug auf die geringere Klimabelastung, danach ist das Elektroflugzeug besser für die Umwelt. Dies wird in kg CO2 eq/h – Kohlendioxidäquivalente pro Flugstunde – gemessen und gilt unter optimalen Bedingungen, wenn grüne Energie verwendet wird. Die gesamte Nutzung wird somit zu einem “Klimavorteil” im Vergleich zu einem konventionellen Flugzeug. Die geschätzte Lebensdauer des Flugzeugs beträgt mindestens 4.000 Stunden und ist damit viermal so lang wie die Break-even-Zeit.

“Die Lebensdauer der Lithium-Ionen-Batterien müsste jedoch etwa doppelt so lang sein, damit die Knappheit der Bodenschätze für das Elektroflugzeug und das mit fossilen Brennstoffen betriebene Flugzeug in etwa gleich groß ist. Alternativ könnte die Energiespeicherkapazität auch verdoppelt werden, so dass für die gleiche Flugzeit nur eine von zwei Batterien an Bord benötigt wird”, sagt Anders Nordelöf, einer der anderen Autoren der Studie.

Neue und bessere Batterien für eine grünere Zukunft

In der Studie erörtern die Forscher die Weiterentwicklung der Batterien als einen wichtigen Schritt zur Verringerung der Auswirkungen des Elektroflugzeugs auf den Lebenszyklus. Bereits heute – aber nach der Studie – ist es den Herstellern der Flugzeugmodelle gelungen, die Lebensdauer der Batterien um das Dreifache zu verlängern. Neue Batterietechnologien könnten sowohl die Auswirkungen auf das Klima als auch die Verknappung der Bodenschätze weiter verbessern.

“Es gibt eine ständige Entwicklung von Lithium-Ionen-Batterien, die die Umweltverträglichkeit des Elektroflugzeugs verbessern und es im Vergleich zu den mit fossilen Brennstoffen betriebenen Flugzeugen noch vorteilhafter machen können. Es gibt auch neue Batterietechnologien, die entwickelt werden und längerfristig auf Elektroflugzeuge anwendbar sein könnten, wie z. B. Lithium-Schwefel-Batterien, die sich allerdings noch in einer frühen Phase der Technologieentwicklung befinden”, sagt Rickard Arvidsson.

Mehr über die Forschung:

Die Forschungsergebnisse werden in einem Papier vorgestellt: “Life cycle assessment of a two-seater all-electric aircraft“, veröffentlicht im International Journal of Life Cycle Assessment.

Die an der Studie beteiligten Forscher sind Rickard Arvidsson, Anders Nordelöf und Selma Brynolf. Die Forscher sind an der Chalmers University of Technology in Schweden tätig.

Diese Arbeit wurde von der Chalmers University of Technology mit Open-Access-Mitteln unterstützt.

Quelle: Chalmers University of Technology