Eine der innovativsten Technologien am ZAL ist das Laser Shock Peening (LSP), ein Verfahren, das zum einen die Haltbarkeit von Flugzeugteilen erhöht und zum anderen Blechteile umformen kann. Dabei treffen kurze hochenergetische Laserpulse auf ein Bauteil, wo sie eine Plasmaexplosion hervorrufen. Diese Explosion erzeugt einen immensen kurzzeitigen Druck auf die Oberfläche des Bauteils, wodurch oberflächennahe Druckeigenspannungen generiert werden. Diese durch Laserpulse eingebrachten Druckeigenspannungen können Bauteile ermüdungsfester machen und damit die Haltbarkeit erhöhen, aber auch Teile umformen.
Mit der Laser Shock Peening-Anlage (max. 10 Joule Pulsenergie) hat das ZAL eine Laser-Peening-Zelle, die groß genug ist, um Industrieteile bis zu 180 kg und 5 m Länge zu behandeln. Die ZAL-Expert:innen arbeiten dort aktuell an zwei LuFo 6-1-Projekten – PEENCOR und LEADPEEN.
PEENCOR – Erste Hilfe bei Rückfederung
Im Projekt PEENCOR ist das Ziel, Verformungen am Bauteil mittels LSP zu korrigieren – explizit bei umgeformten Titanblechen. Solche unerwünschten Verformungen werden beispielsweise durch Rückfederungseffekte (springback) beim Biegen verursacht. Daher ist es in der Umformtechnik allgemein eine große Herausforderung, diesen Verformungen entgegenzuwirken. Oftmals sind Ingenieur:innen mit erheblichem Aufwand damit beschäftigt, Rückfederungen zu kompensieren und Verzüge zu korrigieren. Mit PEENCOR will das ZAL LSP-Team gemeinsam mit den Partnern FormTech GmbH, Helmholtz-Zentrum Hereon und der Leuphana Universität Bauteile intelligent richten. Dafür scannen die Expert:innen der ZAL GmbH das verformte Bauteil mit einem Metrologiesystem (3D-Scansystem) ein, vergleichen das Scanergebnis mit der Sollgeometrie aus einer vorhandenen CAD-Datei und erhalten somit die Abweichungen. Durch einen intelligenten Algorithmus wird ein Laser Peening-Muster ermittelt, das an die LSP-Anlage weitergegeben wird. Die Anlage weiß dann, wo sie diese Laser Pulse setzen muss, um die gewünschte Formgebung zu erreichen.
LEADPEEN – schnelle Ersatzbauteile
Auch bei LEADPEEN werden Flugzeugbauteile mit Laser Shock Peening bearbeitet. Im Fokus stehen Bauteile am der sekundären Flugzeugstruktur, die während des Flugeinsatzes geschädigt wurden. Dem ZAL-Team und dem Forschungspartner Lufthansa Technik geht es im Projekt darum, Ersatzbauteile mittels Laser Peening bereitzustellen. Aktuell manuelle Prozesse sollen so performant optimiert werden.
Wie bei PEENCOR liegen Solleigenschaften der Bauteile digital als CAD-Modell vor. Ein selbstentwickeltes KI-Tool, durch dessen Analyse die richtigen Laser Peening Parameter ermittelt werden, ist Forschungsgenstand. Die LSP-Anlage setzt schließlich das Peening zu den Solleigenschaften um. Der Forschungsschwerpunkt der ZAL-Ingenieur:innen liegt dabei vor allem auf der KI, also dem Tool auf Basis der Künstlichen Intelligenz, das die Soll- sowie die Ist-Eigenschaften analysiert und daraus die richtigen Parameter berechnet.
ZAL-Team bildet komplette Prozesskette ab
Dank digitaler Tools bildet das ZAL-Team mit LSP die komplette Prozesskette ab. Das heißt, es ermöglicht im ZAL einen vollständig automatisierten Umformprozess.
Wollen die ZAL Expert:innen beispielsweise ein Blechbauteil mit komplex gekrümmter Geometrie umformen, können sie dies im CAD-Programm konstruieren. Ein CAM-Programm generiert dann automatisch die Roboterpfade, auf denen der Roboter das Bauteil an den Laserpulsen vorbeiführt. Die Ingenieur:innen spannen dann das Bauteil in die Anlage ein und drücken auf Start. Der folgende Prozess in der LSP-Anlage läuft komplett selbstständig. Am Ende liegt ein vollständig umgeformtes Bauteil vor. Die LSP-Anlage ist demnach ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal. Sie verfügt über zwei Roboter, die das Bauteil in verschiedensten Freiheitsgraden bewegen können. Zudem besitzt die ZAL GmbH das entsprechende Know-How mit Automatisierung, Programmierung sowie dem entsprechenden Fachwissen, was Umformen und Werkstoffe angeht.
Wie geht’s weiter mit LSP?
Das ZAL-Team arbeitet an der Weiterentwicklung des LSP-Verfahrens, um den Prozess zu optimieren. Insbesondere liegt der Fokus darin, das Verfahren nachhaltiger zu machen. Zudem ist das stetige Ziel, die Anwendungsfälle auszudehnen. Letztlich gilt es auch, Brücken zu anderen Forschungsdisziplinen zu schlagen, z. B. indem mit LSP additiv gefertigte, also 3D-gedruckte Bauteile, nachbearbeitet werden. Man darf gespannt sein.
Quelle: ZAL – Zentrum für angewandte Luftfahrtforschung GmbH