Der Einsatz von Wasserstoff ist ein entscheidendes Element auf dem Weg zu einer klimaverträglichen Luftfahrt. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und Rolls Royce Deutschland kommen diesem Ziel jetzt einen wichtigen Schritt näher. Anfang Juni 2024 startet in Köln eine Testreihe, bei der die Wasserstoffverbrennung erstmalig in einem realistischen Triebwerksaufbau bei maximalem Betriebsdruck beobachtet und optisch vermessen wird.

Das Potenzial von Wasserstoff als Treibstoff der Zukunft ist enorm. Seine Energiedichte, emissionsarme Verbrennung und die Unabhängigkeit von endlichen, fossilen Ressourcen machen ihn interessant für die kommerzielle Luftfahrt. Hinzu kommt, dass herkömmliche Turbinentriebwerke auf den Betrieb mit Wasserstoff umgerüstet, oder mit einer Kombination von Treibstoffen betrieben werden können. Dies stellt einen entscheidenden wirtschaftlichen Faktor bei der schnellen Einführung und Verbreitung dieser Technologie dar.

Vor der Markteinführung stehen umfangreiche Tests, um die Technologie zu erproben und auch das Verhalten der Flamme in der Brennkammer eines Flugzeugtriebwerks besser zu verstehen und vorhersagen zu können.

„Der Auftrag der Gesellschaft an uns ist klar: Die Klimaverträglichkeit der Luftfahrt soll in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts erreicht sein. Vor dem Hintergrund der langen Produktlebenszyklen und hohen Investitionskosten in der Luftfahrt, müssen wir daher innerhalb der nächsten zehn bis 15 Jahre neue Antriebstechnologientechnologien bis zur Marktreife entwickeln. Die dafür notwendigen Innovationsgeschwindigkeiten erreichen wir nur durch hochauflösende Messdaten unter realen Bedingungen wie sie dieser Versuch durch die Kombination industrieller und wissenschaftlicher Exzellenz weltweit erstmalig liefert“, sagt Prof. Florian Herbst, Leiter des DLR-Instituts für Antriebstechnik.

Realistische Testbedingungen

Nach einer Reihe von Versuchen in Einzelsektoren und einem ersten Test mit einem vollen Brennkammerring in 2023, wird im Juni 2024 ein Test mit einer flugfähigen Brennkammer bis zum maximalen Betriebsdruck durchgeführt. Erstmalig wird optische Messtechnik in Endoskopen in die Brennkammer integriert. Am Hochdruckbrennkammerprüfstand HBK 5 des DLR in Köln können die Bedingungen simuliert werden, wie sie in den Brennkammern eines realen Flugzeugtriebwerks herrschen, inklusive des hohen Drucks und der extremen Temperaturen. Dabei werden bis zu fünf Tonnen Wasserstoff eingesetzt.

„Entscheidendes Kriterium für die Bewertung der Technologiereife einer zu 100 Prozent mit Wasserstoff betriebenen Brennkammer ist der bodengebundene Test. Zusammen mit dem Triebwerkshersteller Rolls Royce, ist es uns gelungen am HBK 5 eine vielseitige und international einmalige Testinfrastruktur aufzubauen“, sagt Christian Fleing, Projektleiter und Abteilungsleiter Brennkammertest.

Optische Messungen durchs Schlüsselloch

Um die Vorgänge bei der Verbrennung zu verstehen, sie vorherzusagen und letztlich zu steuern, standen den Wissenschaftlern und Ingenieuren bislang Daten zu Druck, Temperatur, Leistung und Emissionen zur Verfügung. Für das Verhalten der Flamme innerhalb der Brennkammer waren sie jedoch blind. Dies gilt insbesondere für die Verbrennung von Wasserstoff, da dessen Flamme lediglich im ultravioletten Bereich sichtbar ist.

Die extremen Bedingungen im inneren des Brennkammerrings sind eine zusätzliche Herausforderung für Dr. Guido Stockhausen und sein Team von der Abteilung Triebwerksmesstechnik. Im Inneren des geschlossenen Systems herrschen Drücke von 40 Bar sowie Temperaturen von 2000 Grad Kelvin (rund 1.726 Grad Celsius). Damit die Messtechnik die Strömung nicht beeinflusst, wurde von Rolls Royce ein zusätzliches Bauteil hinter dem Brennkammerring gefertigt. Hier erfasst und dokumentiert die eigens vom DLR entwickelte Endoskop-Technologie, mit ihren Bildleitern und der nötigen thermischen Isolierung, das Flammverhalten.

„Mit der unter diesen Randbedingungen einmaligen Messtechnologie erhöhen wir den Erkenntnisgewinn der extrem komplexen und teuren Hochdruck-Brennkammer-Tests unseres Industriepartners. Bisher waren Wasserstoffversuche unter diesen Bedingungen ein Blindflug – nun bekommt man sofort eine Visualisierung der Flamme im UV während des Tests und kann entsprechende Rückschlüsse ziehen.“ erklärt Stockhausen. „Besonders stolz sind wir darauf, dass die wichtigsten Entwicklungsschritte für die Realisierung der optischen Sondentechnik alle in unserer Abteilung in Eigenregie entstanden sind.“

Ausblick

Die aktuellen Tests dienen zur Qualifizierung von Brennkammern, die mit einem Treibstoff aus 100 Prozent Wasserstoff in Flugzeugtriebwerken werden können. Sie liefern den Wissenschaftlern und Ingenieuren eine wichtige Datenbasis zur weiteren Entwicklung von klimaverträglichen Luftfahrtantrieben.

„Die aktuellen Versuche zur Wasserstoffverbrennung sind ein wichtiger Meilenstein für das von Rolls-Royce geleitete EU-Clean Aviation Projekt Cavendish. Die Einführung der optischen Endoskoptechnologie wird die Entwicklung neuer, emissionsarmer Brennkammern unterstützen. Ganz gleich ob diese mit nachhaltigen Luftfahrttreibstoffen, Wasserstoff, oder einer Mischung aus beiden betrieben werden, denn die Technologie bietet einzigartige Einblicke in den Verbrennungsprozess“, sagt der verantwortliche Projektleiter von Rolls Royce Deutschland Dr. Carsten Clemen.

Die Versuche werden im Rahmen des Projekts CAVENDISH mit Mitteln der Europäischen Union gefördert.

Quelle: DLR